Dokumentation "Braunschweig Inklusiv"

Dokumentation der Auftaktveranstaltung zur Teilhabeplanung "Braunschweig Inklusiv" am 2. Dezember 2013

Herr Dr. Jens Bölscher, Geschäftsführer der Welfenakademie© Foto: G. Rothe, Stadt Braunschweig

Am 2. Dezember 2013 fanden sich rund 120 Gäste in der Welfenakademie zur Auftaktveranstaltung zur Teilhabeplanung "Braunschweig Inklusiv" ein.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch einen musikalischen Beitrag von Frau Spangenberg und Hern Pein.

Begrüßung durch den Geschäftsführer der Welfenakademie Herrn Dr. Jens Bölscher

In seinem kurzen Grußwort stellt Herr Dr. Bölscher die Arbeit der Welfenakademie vor. Er berichtet, dass es den ersten unmittelbaren Bezug der Welfenakademie zum Thema Inklusion vor ca. 1,5 Jahren  gegeben habe, als sich ein Sehbehinderter zum Studium einschrieb. Zunächst bedeutete dies für alles Beteiligten eine große Herausforderung, diese konnte aber gemeinsam mit großem Erfolg bewältigt werden. Sowohl für die Studierenden als auch für die Welfenakademie sei es absolut lohnenswert gewesen, die Herausforderung anzunehmen.

Herr Ulrich Markuth, Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig© Foto: G. Rothe, Stadt Braunschweig

Grußwort und Einführung durch den Ersten Stadtrat Herrn Ulrich Markurth

Herr Markurth begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und dankt der Welfenakademie, dass sie die Räumlichkeiten für die Veranstaltung zur Verfügung stellt.

In seinem Grußwort erläutert Herr Markurth, dass der Titel der Veranstaltung „Braunschweig Inklusiv - Auftaktveranstaltung zur Teilhabeplanung“ nicht ganz korrekt sei. Denn schließlich sei man in Braunschweig schon lange auf dem Weg das Thema Inklusion voranzubringen.

Im Fokus der Veranstaltung und des nächsten gemeinsamen Tuns solle das Thema der Teilhabeplanung stehen. Auch wenn dies eher bescheiden anmute (Inklusion umfasst schließlich sehr viel mehr), so sei es ein anspruchsvolles Unterfangen. Zielstellung der Veranstaltung solle daher auch sein, gemeinsam die nächsten Schritte zu überlegen.

Die Veranstaltung solle eine wichtige Etappe auf dem großen Ziel der Inklusion sein.

Herr Heinz Kaiser, 1. Vorsitzender des Behindertenbeirats Braunschweig e. V.© Foto: G. Rothe, Stadt Braunschweig

Grußwort des Vorsitzenden des Behindertenbeirates Herrn Heinz Kaiser

Herr Kaiser berichtet über die Arbeit des Behindertenbeirates in der Praxis. Er schildert, dass es häufig gilt, Berührungsängste im Umgang miteinander abzubauen. So seien beispielsweise kürzlich Museumsführer dahingehend geschult worden, was im Umgang mit sehbehindertem Publikum zu beachten ist. Wichtige Ziele des Behindertenbeirates seien es, die Eigenständigkeit und Gleichstellung der Betroffenen zu ermöglichen und herzustellen.

Aus Sicht des Behindertenbeirates sollte die Erstellung eines Aktionsplanes auf kommunaler Ebene mit Legitimation durch den Rat erfolgen.

Herr Karl Finke, Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung Niedersachsen© Foto: G. Rothe, Stadt Braunschweig

Grußwort des Landesbehindertenbeauftragten Herrn Karl Finke

Herr Finke berichtet aus seiner mittlerweile 20-jährigen Arbeit als Landesbehindertenbeauftragter und der sehr guten Zusammenarbeit mit dem Braunschweiger Behindertenbeirat.

Wichtig für die weiteren Prozesse in Braunschweig seien die Beteiligung und Mitentscheidung der betroffenen Menschen. Entscheidungen dürften nicht über die Köpfe der behinderten Menschen hinweg getroffen werden. Inklusion und Partizipation sollten dabei als ein Begriff gesehen werden. „Packen wir es gemeinsam an.“

Für die Zukunft wünscht sich Herr Finke, dass bei den wichtigen Braunschweiger Markenzeichen Sport und Soziales weiter Akzente gesetzt werden. Inklusion sollte als Stärke begriffen werden.

Herr Dr. Falko Feldmann, Vertreter des Runden Tisches "Gemeinsam in Braunschweig"© Foto: Stadt Braunschweig, G. Rothe

Vortrag Herr Dr. Falko Feldmann - Rückblick auf die Veranstaltung „Teilhabeplanung für Menschen mit Beeinträchtigungen, Runder Tisch – Gemeinsam in Braunschweig“

In seinem Vortrag stellt Herr Dr. Feldmann die Arbeit des Runden Tisches – Gemeinsam in Braunschweig vor und erläutert die Ergebnisse der Veranstaltung vom 13. März 2013. Die Präsentation steht als Download zur Verfügung.

Zur Steuerung der Teilhabeplanung und zur zügigen Umsetzung sei insbesondere die Federführung und Koordinierung durch die Stadtverwaltung gefordert.

Herr Prof. Dr. Albrecht Rohrmann, Universität Siegen© Foto: G. Rothe, Stadt Braunschweig

Impulsreferat Herr Prof. Dr. Albrecht Rohrmann – Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention mit anschließender Diskussion

Schwerpunkt des Referates von Herrn Prof. Dr. Rohrmann bildet die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in Braunschweig. Der Vortrag steht als Download zur Verfügung.

Aus Sicht von Herrn Prof. Dr. Rohrmann sollte es darum gehen, eine „Zielperspektive Inklusives Gemeinwesen“ zu entwickeln. (Definition: Ein programmatischer Begriff, dafür Bedingungen in Braunschweig zu schaffen, die es (behinderten) Menschen ermöglichen, ihr Leben selbstbestimmt in den üblichen gesellschaftlichen Institutionen des Lebenslaufs zu entwickeln.)

Hierzu empfiehlt er eine übergreifende Planungsorientierung, diese sollte die bereits vorhandenen Planungen aufnehmen und nicht auf ein bestimmtes Ressort beschränkt werden. Jede Fachplanung sollte ohnehin von sich aus bereits das Thema Inklusion einbeziehen. Die Federführung liege bei den Kommunen, die Prozesse sollten entsprechend durch die politischen Gremien legitimiert sein.

Entscheidend für ein Gelingen ist nach Auffassung von Herrn Prof. Rohrmann die Beteiligung aller Akteure! Besondere Bedeutung komme dabei dem Behindertenbeirat, den Interessenvertretern und Bewohnervertretungen / Werkstattbeiräten zu.

Anschließend gab Herr Schubert allen Besuchern Gelegenheit, Fragen an Herrn Prof. Rohrmann zu stellen:

Frage: Wie sehen die Erfolgsfaktoren anderer Kommunen bei der Umsetzung aus?
Prof. Rohrmann: Unabhängig von organisatorischen Fragen muss die Federführung bei den Kommunen liegen. Hierzu ist ein politischer Beschluss notwendig. Auch müssen entsprechend personelle und finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden.

Frage: Wie sieht der Sachstand in anderen Bundesländern und Kommunen aus?
Prof. Rohrmann: Andere Bundesländer und Kommunen sind zum Teil schon weiter. Es gibt jedoch kein Patentrezept. Auf dem Weg zur Barrierefreiheit gilt es alle Gruppen mitzunehmen. Häufig wird man jedoch schrittweise vorgehen und Prioritäten setzen müssen. Inklusion darf sich nicht an Leistung orientieren.

Frage: Sollen andere Akteure mit ihren Aktionen warten, bis die Stadt Braunschweig die Planungsprozesse eingeleitet hat?
Prof. Rohrmann: Nein, vielmehr ist ein hohes Maß an Gleichzeitigkeit gefragt. Alle Akteure sind aufgefordert sich zu beteiligen.

Frage: Welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren werden gesehen? Wie sind andere Gemeinden vorgegangen?
Prof. Rohrmann: Ähnlich wie in Braunschweig wurde über eine Auftaktveranstaltung das Startsignal (an alle Akteure) gegeben. Danach empfiehlt sich die Installation eines kleineren, effektiveren Planungsgremiums, welches die Ergebnisse zurück an alle Akteure spiegelt. Wichtig ist auch die Herstellung von Öffentlichkeit. Dabei muss darauf geachtet werden, alles in einfacher Sprache zu halten und auch die Möglichkeiten der modernen medialen Hilfsmittel zu nutzen.

Ideensammlung aller Teilnehmenden – „Was wollen wir in 15 Jahren erreicht haben?“

In offener Diskussion wurden zu den folgenden Themen Ideen gesammelt:

  • Wohnen
  • Kita und Schule
  • Arbeit und Beschäftigung
  • Kultur, Freizeit und Sport
  • Gesellschaftliche Teilhabe

Die jeweiligen Ideen sind fotografisch festgehalten und wurden von Herrn Markurth in seinem Schlusswort zum Teil aufgenommen.

Ausblick und Schlusswort durch den Ersten Stadtrat Herrn Markurth

In seinem Schlusswort bedankt sich  Herr Markurth zunächst bei allen Besuchern für die aktive und rege Mitarbeit an den Metaplanwänden und führt  aus, dass es unabhängig von der heutigen Veranstaltung um die Veränderung von Einstellungen gehe. Hierzu sei es notwendig, sich ggf. auch von mancher Gewohnheit zu verabschieden, um letztlich Mittel und Wege zur Verbesserung der heutigen  Situation zu finden. Die Auszüge aus der Ideensammlung seien natürlich nicht abschließend, exemplarisch geht Herr Markurth auf die folgenden Punkte ein:

Thementafel Wohnen© Foto: G. Rothe, Stadt Braunschweig

Themenbereich Wohnen:

  • Barrierefreies und bezahlbares Wohnen: Großes, zentrales Thema – Vertreter der Wohnungswirtschaft sind deshalb auch anwesend. Anzustreben (ggf. auch gegen Widerstände) sei auch „sozial durchmischtes“ Wohnen.
  • elektronische Assistenzsysteme: Könnten große Erleichterungen im Alltag bringen, müssen aber auch finanzierbar sein.
  • Wahlfreiheit: Wirkliche Wahlfreiheit wo und wie man wohnen möchte (Wohnform etc.).
Thementafel Kita und Schule© Foto: G. Rothe, Stadt Braunschweig

Themenbereich Kita und Schule:

  • Schule für alle Kinder: Ist tatsächlich eine Art „Einheitsschule“ gewünscht? Wären im Sinne des Schulfriedens ggf. bestimmte Schulformen auszunehmen? Ein Ansatz kann auch sein, Lehrer „inklusiv“ auszubilden.
  • Bauliche Barrierefreiheit: Sollten alle Schulen für alle möglichen Behinderungsformen barrierefrei umgebaut werden? Aufgrund der begrenzten Ressourcen sollte das Ziel möglichst viele Schulen umzustellen nicht aus den Augen verloren werden.
  • Förderschulen sollen erhalten bleiben: Wie auch diese Veranstaltung zeigt, bleibe das Thema diskussionswürdig. Die Frage sollte dabei lauten, welche besondere Förderung wirklich (alle) Kinder benötigen.
Thementafel Arbeit und Beschäftigung© Foto: G. Rothe, Stadt Braunschweig

Themenbereich Arbeit und Beschäftigung:

  • Unterstützung bei der Einstellung: Das Ziel sollte sein, Arbeitgeber zu überzeugen Menschen mit Behinderung einzustellen. Dies erfordere einen Paradigmenwechsel hin zu einem inklusiven Arbeitsmarkt (Stichwort Diversity Management). Bestehende, gut funktionierende Lösungen wie die Werkstätten sollten nicht vorschnell in Frage gestellt werden.
  • Von Arbeit leben können: Auch Respekt und Anerkennung spielen hier mit hinein. In Zusammenarbeit mit dem Jobcenter sollte versucht werden Chancen und auch Alternativen anzubieten.
Thementafel Kultur, Freizeit und Sport© Foto: G. Rothe, Stadt Braunschweig

Themenbereich Kultur, Freizeit und Sport:

  • Bauliche Mängel: Der Behindertenbeirat sei bereits stark bei dem Thema involviert. Sowohl bei Neubauten als auch bei bestehenden Gebäuden müsse auf Barrierefreiheit geachtet werden.
  • Kooperation Schule und Sport: Eine stärkere Kooperation sei wünschenswert, mehr Kinder sollten über die Schule zum Sport finden. Hierzu gehört auch, dass verstärkt in die (inklusive) Übungsleiterausbildung investiert werden sollte. Erstrebenswert sei zudem, dass behinderte Menschen die Möglichkeit bekommen selbst ein Ehrenamt zu übernehmen.
  • Der Besuch öff. Einrichtungen wie Museen und Freizeitzentren sowie die Teilnahme an Programmen wie z. B. das Ferienprogramm sollten für alle uneingeschränkt möglich sein.
  • Mobilität: Die Mobilität behinderter Menschen über öffentliche Verkehrsmittel muss sichergestellt sein.
Thementafel Gesellschaftliche Teilhabe© Foto: G. Rothe, Stadt Braunschweig

Themenbereich Gesellschaftliche Teilhabe:

  • Keine besonderen Gruppen: Gut wäre es, wenn die Gesellschaft nicht unterscheiden würde. Um dies zu erreichen sind frühzeitig Betroffene in die Planungs- und Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Das Recht auf Beteiligung sollte wahrgenommen und umgesetzt werden.
  • Schrift/Sprache: Verstärkt sollte auf einfache Sprache gesetzt werden.

Weiteres Vorgehen im Anschluss an die Veranstaltung:

Die Anregungen, Ideen und Hinweise aus der Veranstaltung werden ausgewertet. Die Vorträge und eine Dokumentation werden im Internet unter www.braunschweig.de/inklusion (Öffnet in einem neuen Tab) veröffentlicht.

Noch im 1. Halbjahr 2014 soll gemeinsam mit allen Beteiligten eine gemeinsame Zielorientierung erarbeitet werden, über die die pol. Gremien abstimmen sollen. Daraus sollen dann konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet werden.

Über die Beteiligungsprozesse und weiteren Handlungsschritte werden die Akteure laufend informiert.

Impressionen zur Auftaktveranstaltung

"Braunschweig Inklusiv"

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • Foto: G. Rothe, Stadt Braunschweig
  • Foto: Stadt Braunschweig, G. Rothe