Geschichte der Braunschweiger Sinti

Die Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma wurde vom nationalsozialistischen Regime systematisch betrieben. Die Basis der Vernichtungspolitik bildete ein biologistisches Rassedenken, für das insbesondere die 1936 gegründete "Rassenhygienische Forschungsstelle" des Neurologen und Psychiaters Robert Ritter die Argumente lieferte. Seit 1934 wurden nach dem "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" Sterilisationen an Sinti und Roma vorgenommen. Mit den Nürnberger Gesetzen von 1935 wurden die "Zigeuner" zur "außereuropäischen Fremdrasse" erklärt. Die daraus resultierende Diskriminierung und Ausgrenzung, die vollständige Erfassung und die seit 1939 erfolgende "Festsetzung" der Sinti in sogenannten Sammellagern waren Schritte auf dem Weg zur Vernichtung dieser Menschen.

Bisher war über die historische Situation der Sinti und Roma in Braunschweig und der Region wenig bekannt. Auf Initiative der Stadt wurden Forschungen zum Schicksal der Braunschweiger "Zigeuner" unternommen. Bekannt sind nun 124 Namen von Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung - Männer, Frauen und Kinder, die im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau oder an anderen Orten ums Leben kamen. Die Durchsicht von Aktenbeständen in lokalen, regionalen und überregionalen Archiven erbrachte auch einzelne Erkenntnisse hinsichtlich der Lebensbedingungen der Sinti in Braunschweig und der Region in den dreißiger und vierziger Jahren. Ergebnis der Forschungen war darüber hinaus, dass in Braunschweig ausschließlich Sinti und keine Angehörigen der Gruppe der Roma lebten.

In Braunschweig-Veltenhof wurden die Sinti in einer Art Sammellager ghettoisiert. Im März 1943 wurden sie von dort zum Braunschweiger Bahnhof gebracht und in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Nur wenige überlebten.
Diejenigen, die zurückkehrten, hatten alles verloren:

"Dann bin ich aus dem Zug ausgestiegen und bin da hingegangen, nach Veltenhof... Da hab ich nicht einen Wohnwagen gesehen! Und wo unser Wohnwagen gestanden hat, da ist eine Bombe reingefallen. Stellen Sie sich mal vor, ich komme da an und sehe keinen Menschen! Kein Mensch war da."

Elvira R., Braunschweiger Sintizza.

aus: "Es war unmenschenmöglich". Sinti aus Niedersachsen erzählen - Verfolgung und Vernichtung im Nationalsozialismus und Diskriminierung bis heute. Hrsg. vom Niedersächsischen Verband Deutscher Sinti e.V., Hannover 1995, S. 38f.

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