Residenzschloss Braunschweig

Story of Lions: Residenzschloss

Wie Braunschweig sich sein Schloss zurückholte – und ein Stück Identität

Ein historisches Schloss wieder aufbauen, das Zentrum der Stadt gleich mit – und dabei Platz für Kultur, Begegnung und Erlebnisse schaffen? Klingt verwegen. Oder einfach: nach Braunschweig. Doch der Reihe nach.

© Braunschweig Stadtmarketing GmbH / Medienzentrum

Neue Herrlichkeit

Wir schreiben das Jahr 1833. Nach den Wirren der napoleonischen Zeit will Herzog Wilhelm von Braunschweig die alte Ordnung wiederherstellen. „Wir sind wieder wer!“, hallt es selbstbewusst durch die Gassen der aufstrebenden Fachwerkstadt. Und der Herzog lässt auf Worte Taten folgen: mit einer neuen Welfenresidenz, mitten im Herzen der Stadt. Der Prachtbau, 1841 vollendet, wird sein Wohn- und Amtssitz. 

Auch nach dem Ende der Monarchie 1918 bleibt das Schloss als Prachtbau in der Innenstadt ein Fixpunkt im Stadtbild und im Selbstverständnis Braunschweigs. In der NS-Zeit legt sich allerdings ein dunkler Schatten über das Gebäude: ab 1935 nutzte die SS die Schlossräume als SS-Junkerschule. 

Der große Verlust

Nach dem Zweiten Weltkrieg liegt Braunschweig in Trümmern. Die Stadt ist schwer gezeichnet, doch der Wiederaufbau beginnt schnell. Aus den Ruinen entsteht das Gesicht des Wirtschaftswunders – modern, funktional, zukunftsgewandt. In seiner Mitte aber trotzt das zerfallene Schloss dem Vergessen. Als Mahnmal, Symbol, Erinnerung.

Bis Dezember 1959. Trotz massiver Proteste und mit nur zwei Stimmen Mehrheit im Stadtrat fällt die Entscheidung: Abriss. Für viele ein tiefer Einschnitt, ein städtebauliches Trauma, das nachhallt.

© Braunschweig Stadtmarketing GmbH/Gerald Grote

Der Traum vom Wiederaufbau

Die Idee, das Schloss wiederaufzubauen, lässt die Stadt nie los. 2004 dann der Wendepunkt: Der Rat der Stadt beschließt, auf dem historischen Areal ein Einkaufszentrum zu errichten, als Anbau an das Schloss, das wiederaufgebaut werden und viel Platz für Kultur bieten soll – hinter einer rekonstruierten Schlossfassade.

Die Entscheidung ist umstritten. Und genauso mutig. Mit alten Bauplänen, Fotografien und rund 600 originalen Sandsteinfragmenten beginnt der Wiederaufbau. Säulen, Gesimse, Balustraden: In feinster Steinmetzarbeit erwacht das Schloss zu neuem Leben.

Zukunft braucht Herkunft

2007 wird das neue Schloss eröffnet. Außen historische Würde, innen urbane Gegenwart – mit Stadtbibliothek, Stadtarchiv, Kulturinstitut mit dem Veranstaltungsort Roter Saal, Schlossmuseum, Einkaufszentrum und Gastronomie.

Ein echtes Schloss? Für viele: ja. Für andere: nur Fassade. Doch selbst Kritiker räumen ein: Der Wiederaufbau ist mehr als nur Kulisse. Unser Schloss ist zurück im Zentrum – als Treffpunkt, Denkmal, Ort des städtischen Lebens. Braunschweig hat sich nicht nur ein Gebäude zurückgeholt, sondern ein Stück Identität.

Wieder aufrichten. Können wir.


Quellen: Stadt Braunschweig: Die Geschichte des Braunschweiger Schlosses, Braunschweig Stadtmarketing GmbH: Residenzschloss, Wikipedia (Öffnet in einem neuen Tab): Braunschweiger Schloss

Titelbild: Friederike Fuchs

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