Elternbefragung zur Kinderbetreuung in Braunschweig

Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann und der für Jugend und Soziales zuständige Stadtrat Markurth stellten heute zusammen mit Vertretern des untersuchenden Instituts NSI Consult Medienvertretern die Ergebnisse einer Elternbefragung zur Kinderbetreuung in Braunschweig vor und erläuterten mögliche Konsequenzen.

Zur Aussagekraft der Befragung merkten Vertreter von NSI an, dass – mit 523 Befragten verteilt über das gesamt Stadtgebiet und der Heterogenität der Stichprobe in Bezug auf Alter, Erziehungs-, Berufs- und Einkommenssituation - die Befragung als repräsentativ zu werten ist.

Somit sei die Befragung eine geeignete Grundlage für die weiteren Erörterungen in den städtischen Gremien.

Drei Fragen in Aussageform zu möglichen Varianten zukünftiger Ausrichtung der Kinderbetreuung galt es zu bewerten:

  • Beibehaltung der Entgeltfreiheit bei Inkaufnahme, dass dadurch Mittel zum qualitativen Ausbau der Kinderbetreuung fehlen
  • Wiedereinführung der Entgeltpflicht für das erste und zweite KiGa-Jahr, wenn diese Mittel zur Qualitätsverbesserung der Kinderbetreuung eingesetzt werden
  • Einführung einer Entgeltpflicht für das erste und zweite KiGa-Jahr in Höhe der halben früheren Entgelte, wenn diese Mittel zur Qualitätsverbesserung der Kinderbetreuung eingesetzt werden.

Im Ergebnis erreichten die Varianten 1 (Beibehaltung der Entgeltfreiheit im Kindergarten) und 3 (Einführung halber Entgelte bei weiterer Entlastung bzw. Qualitätsverbesserung) tendenziell ähnliche Zustimmungswerte, polarisierten aber auch bei den Befragten.

Variante 2 (Wiedereinführung der früheren Entgelte bei Qualitätsverbesserung) wird von einer großen Mehrheit abgelehnt.

Der Oberbürgermeister zeigte sich zufrieden mit den interessanten und differenzierten Ergebnissen und Erkenntnissen. Es habe sich gelohnt, diese komplexe Umfrage in Auftrag zu geben und fachkundig auszuwerten. Bemerkenswert fand er, dass der Vorstand des Stadtelternrates die im letzten Jahr vom Rat mehrheitlich beschlossene Entgeltfreiheit bei den Kindergärten als nicht sinnvoll abgelehnt habe, das Ergebnis der Elternbefragung aber anders sei. Das sei allerdings nicht besonders verwunderlich, da natürlich ohne solche repräsentativen Umfragen ein entsprechendes Meinungsbild der Eltern schwer zu erfassen sei. Er persönlich habe aber aufgrund seiner vielen Bürgersprechstunden anders als der Stadtelternrat stets den Eindruck gehabt, dass Entgeltfreiheit ein stark getragener Wunsch der Elternschaft gewesen sei und dementsprechend der Beschluss des letzten Jahres zunächst auch auf große Zustimmung bei den Eltern stieß.

Allerdings müsse man auch berücksichtigen, dass ein nennenswerter Teil der Elternschaft die Dinge anders sehe und im Übrigen ohnehin viele Eltern die in Betracht kommenden Alternativen sehr differenziert sehen und bewerten würden. „Das ist doch noch nur gut, dass sich unsere Eltern so differenziert mit dem Thema auseinandergesetzt haben“, meinte Hoffmann. Dahinter dürften die Ratsvertreter natürlich nicht zurückbleiben. Auch Markurth entnahm der Befragung ein differenziertes Bild der Elternschaft und insbesondere den ebenfalls starken Wunsch, bestimmte Betreuungen noch auszuweiten und das Angebot zu verbessern. Kernfrage sei, wie man diesem Wunsch nachkommen könne ohne dabei die Haushaltslage zu verschlechtern.

„Wir haben mit dem Verzicht auf rund 5 Millionen Euro Entgelte natürlich ein ganz gigantisches Signal in Sachen Kinderfreundlichkeit und Kinderbetreuung gesetzt. Und wenn man einen solchen Akzent setzt, kann man natürlich nicht gleichzeitig noch einen anderen starken Akzent auf diesem Gebiet setzen“, erklärte der OB. Hoffmann und Markurth erläuterten, dass, wenn man dem auch sehr starken Wunsch der Eltern nach Ausweitung der Betreuungsmöglichkeiten nachkommen wolle, man wahrscheinlich nicht um eine moderate Beitragserhebung herum käme, wenn man das solide finanzieren wolle.

Beide erläuterten drei alternative Handlungsmöglichkeiten für die Ratsgremien - wobei sie einräumten, dass sich aufgrund der Befragungen noch weitere Möglichkeiten ergeben könnten.

Zum einen könne man natürlich den jetzigen Zustand der völligen Entgeltbefreiung bei den Kindergärten, die jetzigen relativ hohen Krippengebühren mit einem etwas komplizierten Beitragsstaffel-Modus und den jetzigen Stand des Betreuungsangebotes belassen. Dies sei gewissermaßen die „Status-Quo-Variante“.

Man könne aber zweitens auch natürlich weiter unter dem massiven Einsatz von Haushaltsmitteln Betreuungsumfang und Qualität ausweiten und die Krippenentgelte absenken, beides würde auch in der Politik gefordert. Dies zusammen würde aber eine erhebliche weitere Haushaltsbelastung bedeuten und stünde mit dem soliden Haushaltskurs der Stadt Braunschweig nicht im Einklang. Selbst die extrem reiche Nachbarstadt Wolfsburg verfahre so nicht und es gäbe ohnehin bisher nur wenige Städte in Deutschland, die völlig auf Kindergartenentgelte verzichteten.

Schließlich bliebe als dritte Alternative ein Kompromiss. Man könne sich eine moderate Beitragserhebung in Höhe von 20 Prozent de Kindergartenbeiträge mit Stand vom Sommer letzten Jahres vorstellen und käme dann z. B. auf Einnahmen von rund 1 Million Euro für die Stadt per anno. Diese Summe könnte man dann in die Ausweitung des Betreuungsangebotes investieren und damit einem starken Wunsch von Eltern Rechnung tragen. Die Belastung der Eltern wäre dann immer noch nicht nur weit geringer als früher, sondern auch geringer als in den meisten anderen Städten. Zusätzlich könnte sich der Rat bei dieser Gelegenheit vielleicht der „allerdings nicht einfachen Aufgabe“ (Markurth) unterziehen, die Beitragsstaffeln für Kindergärten und Krippen sowie die Vorschulen einer vereinfachenden Reform zu unterziehen.

Markurth geht davon aus, dass es jetzt zu intensiven Beratungen insbesondere im zuständigen Jugendhilfeausschuss kommt. Dazu würde es sicherlich auch zu eingehenden Diskussion mit dem Stadtelternrat und den freien Trägern kommen. Er werde recht kurzfristig alle Beteiligten an einem Tisch versammeln und in einem ersten Arbeitsgespräch die Umfrage diskutieren lassen und seitens der Verwaltung Rede und Antwort stehen.

Hoffmann und Markurth sehen keine Eile für Beratung und Entscheidung. Eine Änderung der jetzigen Beitragssätze und deren Gestaltung kämen ohnehin erst zum Sommer nächsten Jahres in Betracht. Auch sei es wahrscheinlich taktisch klug, zunächst einmal die bevorstehenden Landtagswahlen abzuwarten, da sich je nach dem Ausgang der Wahl ergeben könnte, dass das Land Niedersachsen - wie verschiedentlich in der Vergangenheit schon angekündigt und in anderen Ländern praktiziert - die völlige Beitragsfreiheit finanzieren würde. Mit einer solchen Entscheidung des Landes - die aus der Sicht der Stadt natürlich sehr zu begrüßen wäre - hätten sich dann viele Fragen erledigt.

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