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E-Mobilität: Aus alt mach neu

Elektromobilität ist ein entscheidender Faktor bei der Verkehrswende und im Kampf gegen den Klimawandel. Die Herstellung der Batterien erfordert jedoch viele Ressourcen und ist energieintensiv. Lösungen, um die Umweltbelastung zu verringern, erarbeitet das kürzlich eröffnete CircularLab am Research Airport Braunschweig. Es widmet sich der Frage, wie Lithium-Ionen-Batterien optimal recycelt werden können und wie sich eine nachhaltige Kreislaufproduktion moderner Energiespeicher schaffen lässt.

„Neben dem Umwelt- und Klimaaspekt stellt uns auch die strategische Abhängigkeit von den Ressourcen anderer Länder vor wachsende Herausforderungen“, erklärt Dr. Peter Michalowski, Geschäftsführer der Battery LabFactory (BLB), einem Forschungszentrum der TU Braunschweig, zu der auch das neue CircularLab gehört. „Somit wäre die in jeder Hinsicht beste Lösung, möglichst effizient zu recyceln und die Batterieherstellung in einem geschlossenen Kreislauf zu betreiben.“ Auf eben diesen Recycling-Kreislauf bezieht sich der Name des CircularLab. „Unsere Arbeit ist ein zentraler Baustein für die europäische Batterieproduktion“, so der promovierte Physiker. „Zumal auch die EU-Richtlinien klare Vorgaben hinsichtlich der zukünftigen Recycling-Quoten geben.“

Dr. Peter Michalowski, Geschäftsführer der Battery LabFactory© Achim Overbeck/TU Braunschweig

Energiebedarf senken und Wirtschaftlichkeit erhöhen

Batterie-Recycling hat in Braunschweig eine lange Tradition. So habe es schon früher zahlreiche Projekte in Zusammenarbeit mit Automobilherstellern gegeben, erinnert sich Michalowski, der seine Braunschweiger Laufbahn 2018 am Institut für Partikeltechnik begann: „Und in den letzten drei Jahren ist aus den eingangs genannten Gründen auch auf nationaler Ebene noch mehr auf den Weg gebracht worden.“ Davon profitiert auch die Battery LabFactory, an der inzwischen über 150 Personen arbeiten, und die öffentlich geförderte Forschungsprojekte mit einem jährlichen Volumen von über 10 Millionen Euro bearbeitet. Und so entstand innerhalb weniger Monate die neue Versuchshalle mit reichlich Platz für hochmoderne Produktionsmaschinen und Analysegeräte in industrienahen Größenordnungen – für eine optimale Übertragbarkeit der Ergebnisse in die Praxis.

Aber wo liegt eigentlich die Herausforderung beim Recycling von Batterien? „Eine Elektrode besteht aus Partikeln, zum Beispiel Graphit, vermischt mit Binder, der alles zusammenhält. Und dazu auch noch Ruß sowie Zusätze, um die elektrische Leitfähigkeit zu erhöhen“, erklärt Dr. Michalowski. All das müsse möglichst sauber getrennt werden. „Mit genügend Energie ist das heute bereits in der erforderlichen Reinheit möglich. Aber das ist leider noch nicht wirtschaftlich.“ Zum anderen ist die Batterie meist schon lange Zeit gelaufen, es wurden also kontinuierlich Lithium-Ionen in das Material aus- und eingelagert: „Wenn das tausende Male geschieht, wird die Gitterstruktur der Graphit-Partikel geweitet und hat nicht mehr ihre ursprüngliche Form.“ Sie leiert also quasi aus und muss ebenfalls aufbereitet werden.

Die große Recycling-Anlage ist das Herzstück des CircularLab.© Jannik Born/TU Braunschweig

Das Rezept für die optimale Performance

Herz des CircularLab ist die große Recycling-Anlage. Sie kann ganze Batteriemodule aufnehmen und in einem Vakuum zerkleinern, damit es nicht zum Brennen der Batterien kommt. Auf diese Weise können zudem leichtflüchtige Elektrolytbestandteile in hoher Reinheit zurückgewonnen werden. Mit Hilfe mechanischer Verfahren wird daraus die so genannte Schwarzmasse erzeugt. Das sind die begehrten Aktivmaterialien mit Elementen wie Lithium, Kobalt und Nickel, vermischt mit Binder und Ruß. Diese werden in mehreren Schritten getrennt, um abschließend in einem hydrometallurgischen Verfahren mit Säuren und Laugen die reinen Metallsalze und daraus wiederum neue Aktivmaterialien zu gewinnen. Danach stehen nebenan schon die passenden Maschinen bereit, um aus den recycelten Materialien neue Elektroden herzustellen.

 „Unser Ziel ist es, im CircularLab einen geschlossenen Kreislauf darzustellen. Wir recyceln also alte Batterien und stellen daraus neue her“, erklärt Michalowski. „Anschließend analysieren wir sie und recyceln sie erneut.“ Auf diese Weise solle herausgefunden werden, wie sich mehrmaliges Recycling auf die Leistung auswirkt: „Und wenn dann auch diese Zellen noch gut laufen, wäre das der wissenschaftliche Nachweis, dass sich mit unserem Konzept zumindest Performance-technisch arbeiten lässt.“ Neue Batterien würden jedoch noch lange nicht zu 100% aus recycelten Materialen bestehen, sondern neuen Stoffen nur anteilig aufbereitete Materialien zugesetzt. Man werde daher auch untersuchen, wie sich bei unterschiedlichem Recyclat-Anteil die Performance von Batterien ändert, so der Wissenschaftler.

Die Battery LabFactory Braunschweig (BLB) ist ein Forschungszentrum der TU Braunschweig.© Christian Bierwagen/TU Braunschweig

Eingebettet sind die Battery LabFactory und ihr CircularLab nicht nur in das innovative Mobilitätscluster am Research Airport Braunschweig (Öffnet in einem neuen Tab), sondern auch in ein umfangreiches internationales Netzwerk. Im Bereich der angewandten Forschung sind sie sogar führend. Erst kürzlich war Michalowski wieder bei einem Expert:innenaustausch in Taiwan, enge Verbindungen bestehen auch nach Japan. Woran es hier in Deutschland jedoch noch mangele, sei die praktische Anwendung, allem voran die Produktion. Genau an dieser Schnittstelle werde das CircularLab einen wertvollen Beitrag leisten. Neben wissenschaftlicher Neugier in einem spannenden Themenfeld ist Michalowski bei seiner Tätigkeit aber auch idealistisch motiviert: „Zwar betrachte ich als Wissenschaftler die Dinge immer möglichst nüchtern. Dennoch bin ich überzeugt, dass unsere Arbeit überaus sinnvoll ist und die Welt voranbringen kann.“

Text: Stephen Dietl, 5.01.2024


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Bildnachweise

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