Eine bedeutende Persönlichkeit aus Querum: Johannes Winkler

Persönlichkeitstafel zu Johannes Winkler© Thorsten Wendt

Ein deutscher Raumfahrtpionier

Johannes WINKLER wurde am 29.05.1897 in Bad Carlsruhe, Kreis Oppeln, geboren und starb am 27.12.1947 in Braunschweig-Querum.

Herr WINKLER startete am 21.02.1931 in der Stadt Dessau die erste europäische Flüssigkeitsrakete.

Kindheit

WINKLER besuchte von 1904 bis 1909 die Volksschule und von 1910 bis 1912 die Realschule in seinem Geburtsort. Von 1912 bis 1915 bereitete er sich am KÖNIGLICHEN GYMNASIUM JOHANNEUM in der Stadt Liegnitz auf das Abitur vor. Vor dem Schulabschluss meldete er sich als Kriegsfreiwilliger zum Heer und wurde 1916 bei einem Sturmangriff schwer verwundet.

Von 1918/1919 belegte Johannes WINKLER einen Abiturientenkursus an der TECHNISCHEN HOCHSCHULE (TH) in Danzig um seine Hochschulreife schließlich doch noch zu erwerben.

Im Anschluss studierte WINKLER an der TH zwei Semester im Fach Maschinenbau. Seinen Unterhalt verdiente er sich auf der Danziger SCHICHAU-WERFT.

Auf Drängen seiner Eltern begann er dann aber ein Theologiestudium an den Universitäten zu Breslau und in Leipzig. Sein vorrangiges Interesse galt jedoch   weiterhin den Naturwissenschaften und der Technik, so dass er als Studiennebenfächer Mathematik, Physik, Astronomie und weitere naturwissenschaftliche Fächer an der Universität belegte.

Nach dem Abschluss seines Studiums wurde er 1923 Kandidat der Theologie in der Stadt Witten (Ruhr) und arbeitete 1924 als Rendant (Verwaltung der Finanzen) in der Kirchendirektion zu Breslau.

Mit diesem kleinen aber doch gesicherten Einkommen heiratete er im Jahre 1926 Elisabeth FROBÖß. Aus der Ehe mit Elisabeth gingen zwei Töchter hervor.

Gründung des VEREINS FÜR RAUMSCHIFFFAHRT (VfR)

Seine großen Leidenschaften blieben  immer noch die Wissenschaft und die Technik. Insbesondere die Erforschung von Möglichkeiten, mit der Hilfe von Raketen in das Weltall vorzudringen, beschäftigten ihn immer wieder.

Mit anderen Raumfahrtenthusiasten gründete er am 05.07.1927 in Breslau den VEREIN FÜR RAUMSCHIFFFAHRT (Dr. VON HOEFFT, Professor Hermann OBERTH, Max VALIER, Dr. Ing. Walter HOHMANN, Rudolf NEBEL und weiteren Persönlichkeiten). Der VfR hatte sich das Ziel gestellt, durch Sammlung von Geldmitteln und der systematischen Erforschung der technischen Grundlagen, einen Raketenstart in den Weltraum zu realisieren. Um den Raumfahrtgedanken zu verbreiten, gab der Verein eine wissenschaftliche Fachzeitschrift zum Thema Raketentechnik und Raumschifffahrt "DIE RAKETE" heraus. Johannes WINKLER wurde der erste Vorsitzende des VfR.

Im Jahre 1928 begann er an der TECHNISCHEN HOCHSCHULE BRESLAU mit systematischen Messungen von Schubverläufen an Feststoffraketen. WINKLER erkannte dabei schnell, dass nur Triebwerke mit flüssigen Treibstoffen für die Raumfahrt geeignet waren. Nur mit ihrer deutlich höheren Leistungsfähigkeit (Schub und Brenndauer) war an einen Flug in den Weltraum zu denken. Er führte erste Untersuchungen an einem Antriebsapparat für flüssige Brennstoffe durch und prägte dafür den Begriff "Strahltriebwerk".

Entwicklung und Erprobung der ersten Rakete

Durch WINKLERS Veröffentlichungen wurde Prof. Hugo JUNKERS auf ihn aufmerksam. Herr JUNKERS, der zu dieser Zeit in der Stadt Dessau erfolgreich Flugzeuge konstruierte, benötigte für seine Wasserflugzeuge geeignete Starthilfsraketen. Es gelang ihm, Johannes WINKLER an seine Versuchsanstalt nach Dessau zu holen.

Ab September 1929 arbeitete WINKLER dann als Versuchsingenieur bei der Firma JUNKERS und erprobte verschiedene Triebwerkskonstruktionen und Treibstoffe.

Parallel zu diesen Arbeiten begann Johannes WINKLER im Sommer 1930 mit der Entwicklung einer senkrecht startenden Rakete. Mit ihr wollte er nachweisen, dass ein Raketenflug mit flüssigen Treibstoffen möglich war. Die Aufwendungen zu diesen Arbeiten finanzierte er zu einem großen Teil aus eigener Tasche. Zusätzliche Mittel wurden von Herrn Hugo A. HÜCKEL (raumfahrtbegeisterter Mäzen) zur Verfügung gestellt.

Nach vielen sorgfältigen Versuchen mit dem Triebwerk, erfolgte am 21.02.1931 ein erster Startversuch auf dem Exerzierplatz bei Dessau-Großkühnau. Doch es gab Probleme mit der Treibstoffzufuhr und die Rakete (HW1 = HÜCKEL-WINKLER-1) erhob sich nur etwa 3 m in die Höhe. Mit Hilfe seines Mechanikers Richard BAUMANN wurde die Rakete nochmals überarbeitet, so dass am 14. 03.1931 ein zweiter Startversuch erfolgen konnte. Diesmal ging alles gut und die HW1 erhob sich circa 60 m hoch und landete circa 200 m vom Startpunkt entfernt. WINKLER nannte diesen Augenblick die Geburtsstunde der Flüssigkeitsrakete. Das es sich bei dieser Rakete nicht um die erste Flüssigkeitsrakete der Welt, sondern "nur" um die erste Flüssigkeitsrakete Europas handelte, wusste WINKLER zu dieser Zeit noch nicht. Bereits am 16. 03.1926 hatte der Amerikaner Robert DODDARD eine Flüssigkeitsrakete auf einer Farm in Auburn, Massachusetts/USA gestartet.

Entwicklung und Erprobung der zweiten (großen) Rakete

Im April und Mai 1931 erfolgen weitere erfolgreiche Starts einer modifizierten Bauform der Rakete (HW1a), so dass WINKLER ab Mai 1931 mit der Konstruktion und dem Bau einer viel leistungsfähigeren Flüssigkeitsrakete (HW2) beginnen konnte. Da diese Rakete eine deutlich größere Höhe und Flugstrecke zurücklegen sollte, wurde der Exerzierplatz bei Dessau-Großkühnau zu klein.

Im Herbst 1931 verlegte WINKLER, auch auf Drängen HÜCKELS, seine Versuche auf den "RAKETENFLUGPLATZ" bei Berlin-Reinickendorf. Dort arbeitete bereits eine Gruppe von Raumfahrtenthusiasten um Rudolf NEBEL ebenfalls an der Entwicklung einer Rakete. Anfang 1932 begann WINKLER mit Prüfstandversuchen auf dem "RAKETENFLUGPLATZ" und hatte etwa Ende Mai 1932 seine HW2 fertig entwickelt.

Nun begann eine langwierige Suche nach einem geeigneten Startplatz für die HW2. Ein geplanter Start auf der Greifswalder Oie (kleine Insel nördlich von Usedom) wurde von den Behörden untersagt. Erst im Herbst 1932 erhielt WINKLER die Erlaubnis, seine Rakete auf der Frischen Nehrung in Ostpreußen (bei Pillau) zu starten.

Doch ein erster Versuch am 29. 09.1932 schlug wegen einer undichten Messleitung fehl. Am 6. 10.1932 erfolgte ein zweiter Startversuch, bei dem die Rakete allerdings noch vor dem Abheben durch eine heftige Explosion zerstört wurde.

Weitere Arbeiten WINKLERS

Nach diesem Misserfolg kehrt WINKLER Ende 1932 wieder nach Dessau zurück. Um seine Arbeiten an der Raketentechnik weiterzuführen, versuchte er ein Forschungsinstitut für Strahltriebwerke zu gründen. Aber auf Grund fehlender Unterstützung durch die örtlichen Behörden und seiner prekären wirtschaftlichen Situation, gelang dieser Versuch nicht.

Ab dem 11. 08.1933 konnte WINKLER dann seine bisherigen Arbeiten bei den JUNKERSWERKEN wieder aufnehmen. Bis 1939 beschäftigte er sich dort mit der Entwicklung und Prüfstandserprobung verschiedener Flüssigkeitstriebwerke.

Im Juli 1939 begann er eine Tätigkeit an der DEUTSCHEN FORSCHUNGSANSTALT FÜR LUFTFAHRT (DFL) in Braunschweig.

Er mietete ein Wohnhaus für sich und seine Familie in  der Bevenroder Straße 143, Braunschweig-Querum.

Von dort ging WINKLER nach Göttingen an die AERODYNAMISCHE VERSUCHSANSTALT (AVA).

Nach Kriegsende, von 1945 bis 1947 verfasste WINKLER Berichte über seine Raketen-Forschungen für die ROYAL AIR FORCE.

Am 27. 12.1947 verstarb Johannes WINKLER in Braunschweig-Querum nach einem Schlaganfall.

1969 wurden die WINKLER-Raketen HW1, HW1b und HWII im Deutschen Museum in München aufgestellt, nachdem diese von Rolf ENGEL restauriert wurden.

Im Jahre 1970 wurde ein Krater auf der Rückseite des Mondes nach ihm benannt (42°N, 179°W).

Seit 1976 wird seine Leistung für die Raumfahrt durch die Aufnahme in die "INTERNATIONAL SPACE HALL OF FAME" in Alamogardo/New Mexico/USA gewürdigt.

Thorsten Wendt

 

Quellen:

  • Rudolf GUDER, Astris - zu den Sternen, Der Raketenpionier Johannes WINKLER, eine Biographie nach den Quellen,
    Gewidmet den Töchtern von Johannes WINKLER: Elisabeth GUDER und Dietlinde ZILL, zu beziehen durch Elisabeth GUDER, Straße zum Sudheimer Kreuz 16, 34369 Hofgeismar
  • http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Winkler - Johannes WINKLER, Wikipedia - freie Enzyklopädie - (zuletzt eingesehen am 29.04.2007)

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • Thorsten Wendt