Energiegewinnung aus Abwasser (in Anlehnung an das Merkblatt DWA-M 114)

Mit Blick auf die Energiekrise rücken immer stärker alternative Energiequellen in den Fokus. So auch die Wärmenutzung über das Abwassernetz Braunschweigs. Was verbirgt sich dahinter?  

Abwasser ist eine ständige und in großem Umfang verfügbare Energiequelle: Durch den Eintrag von Warmwasser aus Privathaushalten z. B. aus Dusche, Waschmaschine etc., aber auch durch Industrie oder Gewerbe betragen die Temperaturen des Abwassers im Kanal oder auf der Kläranlage selbst im Winter in der Regel zwischen 10 °C und 15 °C und sind damit deutlich wärmer als die Außenluft - ein meist ungenutztes Wärmepotenzial. Mit Hilfe eines Wärmeübertragers (umgangssprachlich auch Wärmetauscher genannt und nicht mit einem Überträger zu verwechseln) und einer angeschlossenen Wärmepumpe kann dem Abwasser ein Teil dieser Wärme entzogen und beispielsweise über Nahwärmenetze an Verbraucher (Gebäude, Gewerbe) abgegeben werden. Dabei gilt: je niedriger die vom Verbraucher benötigte Übergabetemperatur des Wassers aus dem Nahwärmenetz (Vorlauftemperatur), desto effizienter können die Anlagen betrieben werden. In den Sommermonaten kann die Abwasserwärmenutzungsanlage darüber hinaus zum Kühlen von Gebäuden genutzt werden. Dem im Vergleich zur Außentemperatur kühlen Abwasser wird die Kälte entzogen und kann anschließend über ein Kältenetz an lokale Verbraucher abgegeben werden. 

Die möglichen Einsatzgebiete sind

  • Heizen und Kühlen von Gebäuden
  • Erwärmung von Trinkwasser
  • gewerbliche Nutzung (Erwärmung von Prozesswasser, Gebäudewärme, Beheizung von Schwimmbädern)
  • energetische Unterstützung von Prozessen auf Kläranlagen

Das klingt angesichts steigender Energiepreise verlockend, allerdings ist die technische Umsetzung komplex. Ob und wenn ja in welchem Umfang diese Technik in Braunschweig grundsätzlich an den Abwasserkanälen und Knotenpunkten wirtschaftlich zum Einsatz kommen kann, lässt die Stadt daher derzeit prüfen. 

Eine Prüfung für den individuellen privaten oder gewerblichen Einsatz muss durch die Eigentümer eigenständig erfolgen. Als Hilfestellung haben wir ein paar ganz grundsätzliche Informationen im Folgenden zusammengestellt. 

Technische Umsetzung

Für die Wärmegewinnung aus Abwasser ist der Einsatz von Wärmetauschern notwendig, welche im flächigen Kontakt mit dem Abwasser stehen und die aufgenommene Wärme über einen Zwischenkreislauf an eine Wärmepumpe weiterleiten. Die damit gewonnene Wärme kann dann über Nahwärmenetze an örtlich ansässige Verbraucher abgegeben werden.

Abwasserwärmenutzungsanlagen im Gebäude

Gebäudeinterne Abwasserwärmenutzungsanlagen (Privatanlagen) können z. B. in Wohnkomplexen, Hotels oder Kliniken unter günstigen Gegebenheiten ab ca. 25 angeschlossenen Wohneinheiten, bzw. 60 Bewohnern wirtschaftlich betrieben werden. Die vorliegenden Abwassertemperaturen sind relativ hoch und der Wärmetransportweg kurz, jedoch ist aufgrund des ungleichmäßig anfallenden Abwassers in der Regel der Einbau von Zwischenspeicherbauwerken notwendig, deren Betrieb und Unterhaltung mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden ist.

Anlagen im öffentlichen Bereich

Ein Einsatz von Wärmetauschern ist im öffentlichen Kanalnetz oder auf Kläranlagen möglich. Die heute gebräuchlichste Form der Abwasserwärmerückgewinnung ist dabei die aus dem öffentlichen Kanalnetz, da hier die Energiemengen groß sind und sich oftmals in der Nähe mögliche Abnehmer befinden. Der Einsatz erfolgt dort, wo der Kanal einen ausreichenden Durchmesser aufweist und ein gleichmäßiger Abwasserstrom vorhanden ist. Dafür werden Wärmetauscher in Rinnenform eingesetzt, die individuell an den Kanal angepasst und in der Kanalrinne installiert werden. Der Einbau ist bei bestehenden Kanälen nachträglich möglich.

Wirtschaftlichkeit

Abwasserwärmenutzungsanlagen sind zwar wirtschaftlich, aber in der Regel mit relativ hohen Anschaffungs- und Herstellkosten verbunden, sodass sich relativ lange Amortisationszeiten ergeben. Umgesetzt werden viele Projekte daher durch Investoren im Contracting – sprich privaten Firmen wird eine Nutzungsgenehmigung für die Wärmegewinnung aus dem Kanalsystem erteilt. Für die Endkunden kann dann transparent ein fester Preis für Wärme oder Kälte angeboten werden. 

Überblick über geeignete Kanäle für die Abwasserwärmenutzung

Basierend auf den Ergebnissen der durchgeführten Potentialstudie "Energie aus Abwasser" sind in den beiden nachfolgenden Karten die Eignung der vorhandenen Kanalabschnitte für die Abwasserwärmenutzung dargestellt. Zur besseren Visualisierung des Innenstadtbereichs ist dieser in einem größeren Maßstab zusätzlich vorhanden.

Abschließende Hinweise

Pauschalaussagen zu Kosten und Wirtschaftlichkeit sind aufgrund der vielseitigen Abhängigkeiten nicht zielführend und bedingen die Notwendigkeit einer individuellen Planung. Im privaten Gebäudebereich ist diese durch einen Fachplaner für technische Gebäudeausstattung zu erbringen. Im öffentlichen Bereich können mittels Potenzialabschätzung geeignete Standorte identifiziert und die Wirtschaftlichkeit von Wärmerückgewinnungsanlagen im Rahmen einer Individualprüfung überprüft und Nutzungspotenziale ermittelt werden.

 

Erläuterungen und Hinweise