Roter Saal
18:00 - 19:00 Uhr
David Wagner: Verkin
Moderation: Hanna Engelmeier
Eine Katze vom anatolischen Vansee, das eine Auge blau, das andere braun, wird nach Berlin gebracht. Auf einem für sie organisierten Willkommensfest lernt der Erzähler dieses Romans die Überbringerin kennen und fragt sich: Wer ist diese türkisch-armenische Frau namens Verkin, die in ihrem metallisch glitzernden Kleid wie eine Raumfahrerin wirkt?
Wenig später reist er nach Istanbul, um an einem neuen Buch zu schreiben, im Gepäck deutsche Wurstwaren, die er Verkin als Dank für die Katze mitbringen soll. Kaum angekommen, wird er schon verführt: von den Geschichten aus ihrem geradezu märchenhaften Leben.
Gemeinsam fahren die beiden durch die Stadt und über den Bosporus, sie reisen an die lykische Küste, besuchen verfallene Thermalbäder, rollen im Speisewagen durch Anatolien und kommen bis an den Vansee nahe der Grenze zum Iran.
David Wagner, 1971 geboren, debütierte mit dem Roman „Meine nachtblaue Hose“. Es folgten der Erzählungsband „Was alles fehlt“, das Prosabuch „Spricht das Kind“, die Essaysammlungen „Welche Farbe hat Berlin“ und „Mauer Park“, die Kindheitserinnerungen „Drüben und drüben“ (mit Jochen Schmidt), der Roman „Vier Äpfel“, der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stand, und „Ein Zimmer im Hotel“. 2013 wurde ihm für sein Buch „Leben“ der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen, 2014 erhielt er den Kranichsteiner Literaturpreis und war erster „Friedrich-Dürrenmatt-Gastprofessor für Weltliteratur“ an der Universität Bern. „Der vergessliche Riese“ brachte ihm 2019 den Bayerischen Buchpreis und eine Platzierung auf der Shortlist für den Wilhelm Raabe-Literaturpreis ein. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt. Er lebt in Berlin.
19:30 - 20:30 Uhr
Michael Kumpfmüller: Wir Gespenster
Moderation: Thomas Geiger
In den frühen Morgenstunden blickt Lilli auf einen leblosen Körper zu ihren Füßen. Nur langsam beginnt sie zu verstehen, dass es ihr eigener ist, der da zwischen den Bäumen des Stadtparks liegt. Während die Hinterbliebenen trauern und die Ermittler mit zunehmender Ratlosigkeit die Spuren sortieren, erhält sie Unterstützung von überraschender Seite. Andrä, ein ehemaliger Kommissar, der viele Jahre zuvor während eines Einsatzes starb, nimmt sich ihrer an.
Behutsam navigiert er sie durch die Welt der Gespenster, die unserer erstaunlich ähnlich ist. Die Toten streiten, lieben und vergnügen sich, besprechen ihre Probleme in Selbsthilfegruppen und beobachten mit belustigter Verwunderung das Treiben der Lebenden. Dabei kommen Lilli und Andrä der Lösung des Falles nicht näher, einander aber schon. Als ein Junge, der den Täter gesehen haben will, überraschend stirbt und sich zu ihnen gesellt, gerät alles ins Rutschen.
Michael Kumpfmüller, geboren 1961 in München, lebt als freier Autor in Berlin. Mit dem gefeierten Roman „Hampels Fluchten“ erschien 2000 seine erste literarische Veröffentlichung, 2003 sein zweiter Roman „Durst“ und 2008 „Nachricht an alle“, für den er mit dem Döblin-Preis ausgezeichnet wurde. „Die Herrlichkeit des Lebens“ wurde 2011 zum Bestseller und von der literarischen Kritik hochgelobt. Mittlerweile ist der Roman in 27 Sprachen übersetzt und 2024 unter der Regie von Georg Maas und Judith Kaufmann verfilmt worden. Zuletzt erschienen seine Romane „Tage mit Ora“ (2018), „Ach, Virginia“ (2020) und „Mischa und der Meister“ (2022). Luzide, melancholisch und heiter zugleich erzählt Michael Kumpfmüller von der Schönheit und Zerbrechlichkeit des Lebens.
21:00 - 22:00 Uhr
Vanessa Vu & Ahmad Katlesh: Komm dahin, wo es still ist
Moderation: Maha El Hissy
Die Lebenswege des Schriftstellers Ahmad Katlesh und der Journalistin Vanessa Vu sind durchtränkt, aber nicht bestimmt von Kriegen, Flucht und Migration. Doch was bedeuten diese Erfahrungen für ihre Gegenwart? Katlesh floh aus Syrien und lebte mehrere Jahre in Jordanien, bevor er 2016 nach Deutschland kam. Vu ist in Deutschland geboren und lebte die ersten Jahre in einem Asylbewerberheim in Niederbayern, ihre Eltern kamen aus Vietnam. Im Tanz lernten beide sich kennen, in den darauffolgenden E-Mails näherten sie sich einander an.
Was als privater Austausch begann, öffnen sie angesichts der Diskursverschiebungen nach rechts nun einem breiteren Publikum. Dem Hass setzen sie ganz persönliche Geschichten entgegen. Sie erzählen einander in freier Assoziation Anekdoten aus Syrien, Niederbayern, Vietnam und all den Orten, an die es sie verschlagen hat, suchen darin Parallelen und Unterschiede, verblasste und fehlende Erinnerungen, und arbeiten so ihre Migrationsbiografien auf.
Ein Buch über Internetcafés, Geister und Grenzen, über Missverständnisse und davon, was es heißt, wenn Politisches immer wieder ins Private einbricht.
Vanessa Vu, geboren 1991, hat Ethnologie, Internationales Recht und Südostasien in München, Paris und London studiert. Sie besuchte die Deutsche Journalistenschule und wurde im Anschluss Redakteurin für ZEIT Online. Vu wurde für ihre Arbeit u.a. mit dem Theodor-Wolff-Preis, dem Helmut-Schmidt-Preis und dem Lessing-Preis für Kritik ausgezeichnet. Sie moderiert das „Klassenzimmer“ in der Schaubühne Berlin und war Co-Host des vietdeutschen Podcasts „Rice and Shine“.
Ahmad Katlesh wurde 1988 in Damaskus geboren und lebt als Schriftsteller, Sprecher und Journalist in Berlin. Er veröffentlichte Lyrik und Prosabände in Syrien und Jordanien, sein erster Gedichtband auf Deutsch erschien im November 2020 und wurde mit dem Chamisso-Publikationsstipendium der Friedrich-Baur-Stiftung ausgezeichnet. In seinem Podcast „Tiklam“ vertont er für ein Millionenpublikum literarische Werke auf Arabisch.
22:30 - 24:00 Uhr
LITERATURVERFILMUNG: Die Herrlichkeit des Lebens
Nach dem gleichnamigen Roman von Michael Kumpfmüller
Deutschland/Österreich 2024 | Regie: Georg Maas, Judith Kaufmann | 98 Min.
In Kooperation mit dem Braunschweig International Film Festival
Die Filmadaption des gleichnamigen Romans von Michael Kumpfmüller erzählt von Franz Kafkas letztem Lebensjahr und seiner Liebe zu Dora Diamant, die allen Widrigkeiten trotzt. 1923 lernen sich die beiden zufällig am Ostseestrand, wo Dora in einem Ferienheim arbeitet, kennen und lieben.
„Am größten ist das Glück, wenn es ganz klein ist“, denn der schwerkranke Kafka leidet an Tuberkulose. Warme Farben der sommerlichen Ostsee kontrastieren die kalten, entsättigten Bilder eines Berliner Winters. In einem Film voller Gegensätze, der zwischen Leichtigkeit und Schwere sowie Leid und Liebe changiert, brillieren Sabin Tambrea und Henriette Confurius als ungleiches Paar.