PAESE

Königlicher Hocker, Bafut, Kamerun, vermutlich bei einer Strafexpedition gegen Bafut 1901/1902 geraubt; Städtisches Museum Braunschweig© Städtisches Museum Braunschweig

Das Forschungsprojekt PAESE

Das Städtische Museum Braunschweig ist Teilnehmer am Forschungsprojekt PAESE „Provenienzforschung in außereuropäischen Sammlungen und der Ethnologie in Niedersachsen“, das von der VolkswagenStiftung finanziert wird. Beteiligt sind neben dem Städtischen Museum Braunschweig die Landesmuseen Hannover und Oldenburg, das Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim sowie die Ethnologische Sammlung der Universität Göttingen. Ziel von PAESE ist es, die Herkunft der Objekte in ethnographischen Sammlungen Niedersachsens zu erforschen und damit zur Aufarbeitung der kolonialen Geschichte an Museen beizutragen. Dabei spielt die Zusammenarbeit mit Vertretenden von Herkunftsgemeinschaften eine wichtige Rolle. Eine zentrale Frage ist, unter welchen Umständen Objekte zur deutschen Kolonialzeit erworben wurden und wie deutsche Museen heute mit ihrem kolonialen Erbe umgehen sollten.

Von 2019 bis 2022 arbeitete Isabella Bozsa als Doktorandin im Rahmen von PAESE am Städtischen Museum Braunschweig. Sie untersucht die Sammlung von Kurt Strümpell, der von 1900 bis 1912 Offizier der kaiserlichen Schutztruppe in der damaligen deutschen Kolonie Kamerun und an vielen militärischen „Expeditionen“ gegen die lokale Bevölkerung beteiligt war. Aus dieser Zeit brachte er zahlreiche Objekte mit, die er dem Städtischen Museum übergab. Wie seine Sammelpraxis mit der deutschen Kolonialherrschaft zusammenhing und wie Kamerunerinnen und Kameruner die Objekte und ihre Herkunft einschätzen, wird nun umfassend erforscht. 

Haussa-Gewand, Nigeria, nach Angabe des Sammlers 1903 auf dem Markt in Dikwa gekauft (damals Hauptstadt der Residentur „Deutsch-Bornu“); Städtisches Museum Braunschweig© Städtisches Museum Braunschweig

Isabella Bozsa war im März 2020 zu Recherchen in Kamerun und um den direkten Austausch mit den Kooperationspartnerinnen und -partnern zu pflegen und zu befördern, wie zum Beispiel in Form des Workshops.

Unter folgenden Links erfahren Sie mehr:

www.postcolonial-provenance-research.com (PAESE allgemein) (Öffnet in einem neuen Tab)

www.postcolonial-provenance-research.com/workshop-contested-heritage/ (Öffnet in einem neuen Tab) (Workshop)

www.postcolonial-provenance-research.com/videostatements-contested-heritage/ (Öffnet in einem neuen Tab) (Video-Statements)

PAESE-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Kooperationspartnerinnen und -partner bei gemeinsamen Treffen in Hannover 2019© PAESE

Königlicher Besuch aus Kamerun am Städtischen Museum Braunschweig

  

Vom 11.-15.07.2022 war Seine Majestät, König Fontem Asabaton Njifua, mit einer Delegation von acht Personen am Städtischen Museum Braunschweig zu Besuch. Anlass des Besuchs sind 46 Gegenstände aus dem Bangwa Königreich «Lebang», die zur deutschen Kolonialzeit nach Braunschweig gelangten. Der in Schöningen geborene und später in der deutschen Kolonie Kamerun als Offizier der Kolonialarmee stationierte Kurt Strümpell (1872-1947) übergab die Objekte dem Städtischen Museum im Jahr 1902.

Seit 2019 wird die ethnographische Sammlung aus Kamerun am Städtischen Museum im Rahmen des von der VW-Stiftung geförderten Verbundprojekts PAESE (Provenienzforschung in Aussereuropäischen Sammlungen und der Ethnologie Niedersachsen) erforscht. Die Projektmitarbeiterin Isabella Bozsa fand heraus, dass sich der Kolonialoffizier Strümpell die Bangwa-Sammlung im Rahmen von gewaltsamen Militäraktionen zur Festigung der deutschen Kolonialherrschaft in Kamerun aneignete. Mit Hilfe von Archivmaterial konnte sie drei Objekte – zwei Zeremonialstäbe und ein Prestigeschwert – auf den damaligen Bangwa-Herrscher Fontem Asunganyi (ca. 1870-1951) als Vorbesitzer zurückführen. 

Mit einem kooperativen Forschungsansatz baute Isabella Bozsa Kontakt zu Nachfahren von Fontem Asunganyi bzw. Repräsentanten des heutigen Bangwa-Königreichs auf. Im Sommer 2021 besuchte Chief Charles Taku als erster das Museum. In diesem Jahr folgte Seine Majestät persönlich mit weiteren acht Delegationsmitglieder, die neben Kamerun auch aus der internationalen Diaspora anreisten. Die Sichtung der Objekte war hoch emotional und ein historischer Moment der Wiedervereinigung der Bangwa mit einem Teil ihres als verloren geglaubten kulturellen Erbes. Der König und die Delegation identifizierten ihr Königreich als Herkunft der Objekte und fordern sie nun zurück.

Gekrönt wurde der historische Moment des Besuchs des Königs der Bangwa, Asabaton Fontem Njifua, mit einem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Braunschweig. Dem Besuch des Königs und der Delegation ging eine Korrespondenz zwischen dem König und dem Oberbürgermeister von Braunschweig, Thorsten Kornblum, voraus.

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • Städtisches Museum Braunschweig
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  • Städtisches Museum Braunschweig Foto: Dirk Scherer