Handel

Das ehemalige Mummehaus am Bäckerklint, 1944 zerstört© Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H XVI: A II 27

Die politische und wirtschaftliche Entwicklung Braunschweigs wurde seit Mitte des 13. Jh. maßgeblich durch die Mitgliedschaft in der Hanse bestimmt. Bedingt durch die günstige Verkehrslage der Stadt im Schnittpunkt bedeutender Fernhandelsstraßen von Osten nach Westen (Frankfurt, Köln, Aachen nach Magdeburg, Halle, Leipzig) und von Norden nach Süden (Seestädte Bremen, Hamburg und Lübeck in Richtung Harz, Nürnberg) entwickelte sich Braunschweig bereits früh zu einem bedeutenden Stapel- und Umschlagplatz und zentralen Handelsort zwischen Harz und Heide. In der 2. Hälfte des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts sind vielfältige Handelsbeziehungen zu den Hansestädten der deutschen Nord- und Ostseeküste (Hamburg, Bremen, Lübeck, Stade) sowie mit England (London), Flandern (Gent, Brügge), Brabant (Antwerpen, Bergen op Zoom), Russland (Smolensk, Nowgorod), Gotland, Riga und Ungarn nachweisbar. Braunschweiger Kaufleute erhielten schon 1199 Zollfreiheit im ganzen Reich und 1228 sowie 1230 Handelsprivilegien und Schutzbriefe in Dänemark und England erhielten. Sie führten über den Fernhandel mit den Hansestädten vor allem Erzeugnisse des einheimischen Gewerbes und Handwerks aus, wie die Waren der Tuchmacher und Metallhandwerker (Eisen- u. Messingwaren, Waffen, Goldschmiedearbeiten), aber auch landwirtschaftliche Rohstoffe aus dem Braunschweiger Umland, wie Wolle und Getreide. Aufgrund seiner langen Haltbarkeit spielte auch das beliebte dunkle Gerstenbier, die Mumme für den Fernhandel eine bedeutende Rolle, das sogar in überseeische Länder verschickt wurde.

Alte Waage© Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H XVI: A II 19

Zu den eingeführten Erzeugnissen zählten feine Tuche (Seide, Leinen), Felle, Gewürze, Südfrüchte, Wein, Salz, Fische, Holz, Kohle und Edelmetalle. Die Handelswaren wurden hauptsächlich mit Frachtwagen über die Landstraßen und zudem mit Schiffen auf dem Wasserweg bis in die Hansestädte transportiert. In Braunschweig erfolgte der Warenabsatz auf den Marktplätzen (Altstadtmarkt, Aegidienmarkt, Kohlmarkt, Hagenmarkt) sowie in und an den Gewand- und Rathäusern der Weichbilde, in Scharnen und in einigen umliegenden Straßen und Handelshöfen des Altstadtmarktes. Durch die am Handel beteiligten Fernhändler und Wechsler entwickelte sich in Braunschweig auch ein bedeutender Geldmarkt. Noch heute zeugen einige Gebäude von dem Reichtum der Stadt in der Hansezeit (Gewandhaus, Altstadtrathaus, Alte Waage, Haussteinbauten am Kohlmarkt mit kunstvollen Portalen, Fachwerkgebäude mit Balkenschnitzereien).

Hilfeleistungsvertrag von 1476© Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H XVI A I 1:885

Ein formeller Beitritt Braunschweigs zur Hanse ist urkundlich nicht belegt. Jedoch wird durch die Teilnahme der Stadt am Hansetag in Lübeck 1358 dokumentiert, dass Braunschweig von Anbeginn Mitglied der Hanse war. Für die Zeit von 1245 bis 1490 beteiligte sich die Stadt an 57 Städtebündnissen, die das Ziel hatten, den gegenseitigen Handel zu schützen und zu fördern sowie sich bei äußerer und innerer Bedrohung Hilfe zu leisten. Durch seine Bündnispolitik hatte Braunschweig einen maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der Kaufmannshanse zur Städtehanse. Als eine der größten Städte und bedeutendsten Handelszentren im norddeutschen Raum stieg Braunschweig in der Blütezeit der Hanse am Ende des 14. Jahrhunderts neben Magdeburg zum Vorort des sächsischen Städtebundes auf, dessen Einfluss sich auf die Städte zwischen Weser und Elbe sowie von der Ilmenau bis zur Unstrut erstreckte. Als Vorort der sächsischen Städte vertrat die Stadt deren Interessen auf den Hansetagen und regelte ihr Verhältnis zum Hansebund. Häufig griff die Hanse im Zuge von innerstädtischen Auseinandersetzungen ein, um die Machtverhältnisse im Rat zugunsten der führenden Familien wiederherzustellen. So wurde Braunschweig 1374 während der Großen Schicht von 1375 bis 1380 aus der Hanse ausgeschlossen. Durch die Unterbindung jeglichen Handels geriet die Stadt dadurch in wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Das ehemalige Bierbaumsche Haus an der Ecke Wilhelmstraße-Fallersleberstraße, 1944 zerstört© Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H XVI A II 35

Seit Ende des 15. Jahrhunderts wurde die Stadt bei Eingriffen der braunschweigischen Herzöge in die städtische Autonomie vom Hansebund nachhaltig unterstützt. 1476 schloss die Stadt einen auf 6 Jahre befristeten militärischen Hilfeleistungsvertrag mit 18 weiteren sächsischen und wendischen Hansestädten zum gegenseitigen Schutz gegen die erstarkenden Territorialfürsten. Von den ursprünglichen vier Originalausfertigungen dieser eindrucksvollen Urkunde sind heute nur noch zwei Exemplare in Braunschweig und Lübeck erhalten. Durch die Entsendung von hansischen Entsatzheeren und die finanzielle Unterstützung der Bündnisstädte konnten zudem die schweren Belagerungen der Herzöge während des 16. und 17. Jahrhunderts abgewehrt werden, so dass die Stadt ihre Unabhängigkeit bis 1671 bewahren konnte. Braunschweig nahm bis ins 17. Jahrhundert hinein eine bedeutende Stellung in der Hanse ein und war auch in der Zeit des Niedergangs des Städtebundes rege am Handel im Nord- und Ostseeraum beteiligt. An dem letzten Hansetag in Lübeck 1669 nahmen neben Braunschweig auch acht weitere Städte teil, der das Ende des Hansebundes darstellte.

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H XVI: A II 27
  • Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H XVI: A II 19
  • Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H XVI A I 1:885
  • Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H XVI A II 35