Vortragsreihe NS-Vergangenheit

Bruch und Kontinuität: der Umgang mit der NS-Vergangenheit in der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft.

Mit der Gründung der Bundesrepublik galt die Entnazifizierung als abgeschlossen, eine weitgehende Amnestie ließ nur noch die Strafverfolgung schwerster NS-Verbrechen zu und auch stark belastete Beamte konnten in den Staatsdienst zurückkehren. Spielte die Auseinandersetzung mit den Hinterlassenschaften des NS-Regimes nun keine Rolle mehr? Wir wollen dieses an drei Beispielen der regionalen Geschichte diskutieren, fragen nach personellen und strukturellen Kontinuitäten in unterschiedlichen Institutionen, nach Biografien und der Form des Umgangs mit der Vergangenheit.

 

vergangene Veranstaltungen

Donnerstag, 3. April 2014, 19.00 Uhr

Prof. Dr. Michael Wettern

Technische Hochschule Braunschweig - Der Übergang vom Nationalsozialismus in die Nachkriegszeit

Ausgehend von der Lehr- und Personalsituation am Ende der NS-Zeit beschreibt Michael Wettern die Umgestaltung der Technischen Hochschule zur demokratisch-legitimierten, hochschulpolitisch autonomen Bildungsstätte. Er geht auf die Lehrmittel- und Gebäude-Situation am Kriegsende ein und zeigt an mehreren Beispielen die Schwierigkeiten der personellen Ausstattung in der angestrebten Neuorientierung. Deutlich sichtbar werden dabei die notwendigen Veränderungen im Lehrpersonal, und die Anstrengungen, in der NS-Zeit vertriebenen Hochschullehrern eine Rückkehr in ihre alte Position zu ermöglichen.

Donnerstag, 8. Mai 2014, 19.00 Uhr

Dr. Stefanie Waske / Frank Ehrhardt

Die Kontroverse über die NS-Vergangenheit des Präsidenten Friedrich Knost

Im Jahr des Eichmann-Prozesses 1961 holte den Braunschweiger Regierungspräsidenten die Vergangenheit ein: Friedrich August Knost wurde von dem Regierungsrat Günter Raschen beim Generalstaatsanwalt Fritz Bauer in Frankfurt anzeigt. Der Grund: Knost war im Reichssippenamt tätig gewesen und Mitautor eines einschlägigen Kommentars zu den Nürnberger Rassegesetzen.

Die Anzeige fand ein breites Medienecho. Auch der Pfarrer Georg Althaus meldete sich zu Wort: Ein Mann wie Knost könne nicht Mitglied der braunschweigischen Kirchenregierung bleiben. Doch die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein. Stattdessen wurde Raschen öffentlich als Sympathisant der Kommunisten hingestellt, der eine DDR-gelenkte Kampagne betreibe. Knost schied erst mit seiner Pensionierung 1964 aus.

Donnerstag, 3. Juli 2014, 19.00 Uhr

Dr. Claudia Bei der Wieden

Kontinuitäten und Brüche am Beispiel der Meisterschule des gestaltenden Handwerks und der Werkkunstschule Braunschweig (1943 – 1952/53)

Wie an vergleichbaren Hochschulen überwogen in den Vorgängereinrichtungen der HBK nach 1945 Kontinuitätslinien in personeller und curricularer Hinsicht. Es gab aber auch regionale Besonderheiten, denen wir im Rahmen des Vortragsabends nachgehen werden. So scheint der Gaukulturauftrag von 1941 eine spezifische Lehrkörperstruktur bedingt zu haben. Damit eng verbundene Personen waren z. B. Walter Dexel (Stichwort: Formsammlung) oder Harro Siegel (Marionettentheater). Wie wurden sie nach 1945 in den Lehrkörper integriert? Welche Auswirkungen hatten die Entnazifizierungsverfahren? Die Historikerin Dr. Claudia Bei der Wieden, die gerade eine Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der HBK verfasst hat, stellt beispielhafte Biografien und Lehrinhalte vor.

Montag, 21. Juli 2014, 19:00 Uhr

Thomas Medicus, Berlin

Politikwissenschaftler und Publizist

Wer war Melitta von Stauffenberg?

Aus Anlass des 20. Juli 1944, des 70. Jahrestages des Hitler-Attentats, geht es um eine Frau, die ein extremes Leben lebte. Obwohl „jüdischer Mischling ersten Grades“ machte Melitta von Stauffenberg während des NS-Regimes Karriere. Sie war erfolgreiche und hochdekorierte Testfliegerin, zugleich aber auch die Schwägerin des Hitlerattentäters Claus Schenk von Stauffenberg. Thomas Medicus geht den Widersprüchen in ihrem ungewöhnlichen und tragischen Leben nach.

Kooperation von Friedrich-Naumann-Stiftung und Arbeitskreis Andere Geschichte in der Gedenkstätte Schillstraße.

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