Gräber von Zwangsarbeitern auf dem Timmerlaher Friedhof

Dorfrundgang Symbol© Heimatpfleger B.Aumann

Im Rahmen des "Beschilderten historischen Dorfrundgangs in Timmerlah" finden Sie auf dem Friedhof links von der Kapelle einen Edelstahlaufsteller mit zwei Schildern des Rundgangs.
Dort können Sie sich
1. über die Hintergründe der Zwangsarbeitergräber und
2. über die Hexenverfolgung in Timmerlah (Menupunkt Begebenheiten/Hexenverfolgung) informieren.

Die Hinweisschilder sind jeweils am Ende der Kapitel abgebildet.

Sie finden dort ein Doppelgrab mit "unbekannten Personen". Dank der Historikerin, Erdmute Trustorff, der wir diesen Artikel zu verdanken haben, erfahren wir mehr über die Gräber¹.

© Foto: Bernd Aumann

Auf dem Friedhof in Timmerlah finden sich zwei Gräber, der Russin Christa Gamrzeha und des Polen Wladislaw Pistrowski.

Christa Gamrzeha, geboren am 31.12.18, starb am 23.5.1944 und wurde am 24.5.1944 in Timmerlah begraben. Sie wurde 26 Jahre alt.

Wladislaw Pistrowski, geboren 9.7.08, starb am 9.5.1945 und wurde am 13.5.1945 in Timmerlah begraben. Er wurde 37 Jahre alt.

© Foto: Bernd Aumann

Die junge Russin Christa Gamrzeha und der Pole Wladislaus Pistrowski waren wie viele andere Menschen im 2. Weltkrieg als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt worden.

In und um Timmerlah arbeiteten Zwangsarbeiter und - arbeiterinnen unter oft menschenunwürdigen Bedingungen in der Landwirtschaft und Industrie, manchmal auch als Dienstmädchen.

Einsatzorte waren zum Beispiel die Zuckerfabrik an der Timmerlahstraße oder am Bahnhof Beddingen sowie in Privathaushalten.

Christa Gamrzeha ist wahrscheinlich beim Bombenangriff auf Timmerlah ums Leben gekommen, die Todesursache von Wladislaus Pistrowski ist unbekannt.

Die deutsche Kriegsgräberfürsorge veranlasste eine würdige Grabstätte für beide.

1959 wurden die Gräber eingeebnet, ohne Wissen der Behörden, die für den Erhalt der Kriegsgräber zuständig waren.

Als der Oberkreisdirektor am 1.8.1959 eine Untersuchung dieser Einebnung anordnete, wurden die Gräber innerhalb einer Woche wieder hergestellt.

1974 wurde der jetzige Grabstein gesetzt.

Leider enthält er gravierende Fehler bei den Namen sowie Geburts- und Todesdaten. Eine Berichtigung ist vorgesehen, um beider Menschen würdig zu gedenken.

Dank der Recherche von Frau Trustorff im NLA Staatsarchiv Wolfenbüttel liegen die Beweise für den Vorgang vor:

Zwangsarbeiter in Timmerlah

NLA Staatsarchiv Wolfenbüttel

91 N nr.8 Zg.201/054

Aktenzeichen: 123

Nr.51/2 Betreff: Änderungsmeldungen zu den Kriegsgräberlisten

Timmerlah

Nr.30 Russin Gamrzeha Christa geb. 31.12.18 gest. 23.5.44 best.24.5.44 Timmerlah

Nr.31 Pole Pistrowski Wladislaw geb. 9.7.08 gest. 9.5.45 best.13.5.45 Timmerlah

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Dokument 1

III/3- 24. JUli 1959

1.

An die Gemeinde Vfg.

(20b) Timmerlah

Über Braunschweig

Betr. Kriegsgräber

Bei einer fernmündlichen Rücksprache mit Ihrem Gemeindedirektor Herrn Priegnitz am 18.6.1959 über die Ruherechtsentschädigung für Kriegsgräber teilte Herr Priegnitz mit, dass der Friedhof in Timmerlah und damit auch die dortigen zwei Kriegsgräber eingeebnet ist. Da der Herr Präsident des Nieders.Verwaltungsbezirks Braunschweig, die deutsche Dienststelle in Berlin-Wittenau und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. über den Vorgang unterrichtet werden müssen, wird die Gemeinde gebeten, eine Vernehmung durchzuführen. Der Zeitpunkt der Entfernung der beiden Kriegsgräber, sowie die genauen Gründe müssten aus der Vernehmung hervorgehen. Ferner ist festzustellen, ob die Möglichkeit besteht, die Gräber wieder aufzufinden und in den alten Zustand zu versetzen oder ob die Plätze bereits anderweitig belegt sind.

Es wird um umgehende Erledigung dieser Angelegenheit gebeten.

2. 1.8.1959 Der Oberkreisdirektor

Auf Anordnung ???(unleserlich)

Kreisangestellter

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Dokument 2

Gemeinde Timmerlah Timmerlah, den 8.8.1959 eingegangen 11.8.1959

An den Landkreis Braunschweig

Braunschweig

Betr.: Kriegsgräber

Die Gemeinde hat irrtümlich berichtet, dass in der Gemeinde Timmerlah keine Kriegsgräber sind. Ferner wurden die vorhandenen Gräber im Zuge einer Neuordnung unseres Friedhofes eingeebnet.

Inzwischen wurden die vorhandenen zwei Gräber wieder hergerichtet und befinden sich im alten Zustand.

Auf eine Vernehmung wurde verzichtet, da die Einebnung infolge Unkenntnis erfolgte. Unser Gemeindedirektor, der über das Vorhandensein der Gräber hätte Auskunft geben können, war krank, so daß hierdurch der Irrtum geschah.

Herrn Oberkreisdirektor Gemeinde Timmerlah

im Hause

mit der Bitte um Kenntnisnahme vorgelegt

i.A. Plagge Bürgermeister

Anmerkung des Heimatpflegers für den aufmerksamen Leser:

Bitte vergleichen Sie die Personendaten in dem Anschreiben an die Gemeinde Timmerlah mit denen auf dem Grabstein:

Nr.30 Russin Garmzeha Christa 31.12.18  23.5.44 best. 2.4.44  Timmerlah

Auf dem Grabstein steht als Todestag der 13.5.1944!

Nr.31 Pole Pistrowski Wladislaw 9.7.08   9.5.45   best. 13.5.45 Timmerlah

Als Geburtstag ist der 7.7.1908 eingemeisselt!

Wie es zu den Datendifferenzen kam, bleibt z.Zt. ungeklärt.

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¹ Recherchiert und geschrieben von Erdmute Trustorff, redigiert und herausgegeben von Heimatpfleger Bernd Aumann)

Hinweisschild Zwangsarbeitergräber

© Heimatpfleger B.Aumann

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Bildnachweise

  • Heimatpfleger B.Aumann
  • Foto: Bernd Aumann